Der Landkreis Neu-Ulm ist außerordentlich gut in der medizinischen Nahversorgung aufgestellt. Mit der Illertalklinik in Illertissen, der Stiftungsklinik in Weißenhorn und der Donauklinik in Neu-Ulm (mit rund durchschnittlich 150 Betten jeweils) wohnen die Bürgerinnen und Bürger im gesamten Landkreis nicht mehr als 15 Kilometer entfernt zu einem grund- und regelversorgenden Krankenhaus. Anfang 2000 wurde ein Konzept für die drei Kliniken erstellt und eineinhalb Jahrzehnte später wurde erstmals Bilanz gezogen und begutachtet. Es wurden drastische Fehlentwicklungen offenbart, deren falsche Entscheidungen seitens der Gremien, die für die Krankenhausleitung verantwortlich sind, zu Grunde liegen. Alle drei Kliniken stehen mittlerweile vor großen Problemen. Eine Reihe von weiteren Fehlentscheidungen, die überhastet und unter falschen Angaben getroffen wurden, bedeutete schließlich die Schließung der Geburtenstation in Illertissen im Sommer 2016. Ein Bürgerentscheid im Oktober 2016 sprach sich zwar für die Wiedereröffnung der Geburtshilfestation mit einer 2/3-Mehrheit aus, wurde aber vom Kreistag trotz Widerstand seitens der FREIEN WÄHLER Anfang 2018 nicht umgesetzt: Grund für diese Entscheidung waren die immer größer werdenden Defizite, mit denen eine maßgebliche Veränderung der Sach- und Rechtslage einherging (NUZ vom 28.02.2018).

Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Krankenhausdefizite seit 2016 im Hinblick auf die kalkulierten und die tatsächlich anfallenden Defizite. Es wird offensichtlich, dass die Wirtschaftsplanung weitgehend nicht mit der Realität übereinstimmt, was inzwischen auch juristisch aufgearbeitet wird.

Angesichts dieser roten Zahlen wird langfristig überprüft, ob sich die Standorte Illertissen und Weißenhorn in ferner Zukunft in einem gemeinsamen Neubau zusammenführen lassen (NUZ vom 24.02.2018). Die drei Kliniken sind in näherer Zukunft laut KKB-Gutachten ökonomisch nicht tragfähig. Eine Standortreduzierung durch die Zusammenlegung zweier bestehender Krankenhäuser wird aber erst möglich, wenn ein neues, umfangreiches Konzept dafür vorliegt.

Durch den Blindflug der vergangenen Jahre stößt die Finanzierung der medizinischen Versorgung immer mehr an seine Grenzen: Weder der Landkreis noch die Kommunen, die die Defizite durch die Kreisumlage maßgeblich mitfinanzieren und dadurch ihren eigenen Gestaltungsspielraum erheblich einschränken müssen, werden langfristig eine solch außergewöhnlich hohe Defizitrate verkraften können. Während die Größe des Krankenhausdefizits im Jahr 2015 noch 2,99% der von den Kommunen durch die Kreisumlage weitergereichten Einnahmen des Landkreises in Höhe von rund 80 Millionen Euro umfasste, stieg die Quote im Jahr 2019 inzwischen auf 13,9% (bei Einnahmen durch die Kreisumlage in Höhe von 105 Millionen Euro; Gesamteinnahmen des Landkreises liegen bei 177,8 Millionen Euro; NUZ vom 06.02.2019). In den Nachbar-Landkreisen liegen die jährlichen Defizite für deren Kreiskrankenhäuser äußerst selten über der 5-Millionen-Euro-Marke.

Die Tilgung der Krankenhausdefizite begleicht auch nur die in der Vergangenheit angehäuften Schulden, löst aber noch nicht das Problem der größer werdenden strukturellen Belastung bedingt durch den demografischen Wandel. Die strukturellen Defizite (v.a. in den Bereichen Notaufnahme mit einem Kostensatz von rund 20% über dem Durchschnitt, zu hoher Selbstkosten pro Fall; und Geburtshilfe wegen allgemein zu schlechter Vergütung durch den Gesetzgeber; sowie die personellen Mindestvorhaltekosten durch gesetzliche Anforderung von Seiten des Bundes, z.B. OP, Intensiv, Notaufnahme) werden zukünftig noch stärker zum Ausdruck kommen: Für Investitionen in eine Restrukturierung der medizinischen Nahversorgung ist es deswegen schon heute allerhöchste Zeit!

Eine Stellungnahme zum Jahresabschluss 2018 findet sich in folgendem Dokument.

  • eine flächendeckende medizinische Nahversorgung gewährleisten
  • Fachpersonal gewinnen
  • Arbeitsplätze erhalten
  • bessere Landarztversorgung
  • ältere Menschen ortsnah pflegen
  • die Einrichtung einer wirksamen Aufsicht über die Kreiskliniken, bspw. durch eine Erhöhung der Mitgliederzahl im Krankenhausausschuss auf 14 Kreisräte oder gar die Bildung eines Fachgremiums in Form eines mit Experten besetzten Aufsichts- oder Stiftungsrates, der über das Tun der Kreisspitalstiftung wacht
  • dass die laufenden Betriebskosten (v.a. Personal- und Materialkosten) der Kliniken nachvollziehbar aufgeschlüsselt werden, sodass in künftigen Wirtschaftsplänen keine unkontrollierbaren Fehlkalkulationen mehr auftreten werden
  • den Bau eines neuen Kreiskrankenhauses, das eine medizinische Rundumversorgung bietet